In unserem Team entwickeln wir die Web-App Allpaka, die Lehrerinnen und Lehrern bei der Planung von gewerblich-technischem Unterricht am Berufskolleg unterstützen wird. Die App richtet sich insbesondere Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in den Lehrberuf und junge Kolleginnen und Kollegen, bietet aber auch Orientierung für erfahrene Lehrkräfte an. 

In dieser Blogreihe geben wir Einblicke in den inhaltlichen Entwicklungsprozess: Was wir über den Planungsprozess und die Unterrichtsqualität erarbeiten, wird bereits in dieser Blogreihe veröffentlicht!

Im letzten Blogbeitrag der Reihe Unterrichtsplanung wurde ein Weg vorgestellt, mit dem sich Lernziele aus Bildungsplänen oder didaktischen Jahresplanungen genauer analysieren lassen. Daraus soll im nächsten Schritt das Kernstück einer Unterrichtsstunde entstehen: die Aufgabe.

Dieser wichtige Teil der Unterrichtsstunde nimmt etwas Raum in der Unterrichtsplanung ein. Daher unterteilen wir diesen Schritt in die Bereiche Problemstellung, Aufgabenkontext und Teilaufgaben. 

Teil 1: Die Problemstellung

Was macht eine gute Aufgabe aus?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Die Wahl eines geeigneten Aufgabentyps spielt dabei eine wichtige Rolle. Die wohl häufigsten und wichtigsten Aufgabentypen sind Lernaufgaben, Übungsaufgaben und Prüfungsaufgaben. Mit Lernaufgaben soll etwas Neues gelehrt, mit Übungsaufgaben etwas Bekanntes wiederholt oder vertieft und mit Prüfungsaufgaben Wissen abgefragt werden. Es kann also gar nicht eine Antwort auf die Frage geben, was eine gute Aufgabe ausmacht.  

In diesem Beitrag betrachten wir die Lernaufgabe etwas genauer. Aktuelle Forschungsergebnisse zu Lernaufgaben geben uns neben allgemeinen Hinweisen, wie die, dass die Lernaufgabe zur Leistungsfähigkeit der Lernenden passen muss, auch ganz konkrete Vorgaben wie den Anspruch einer Problemorientierung. Das Lösen von Problemstellungen führt bei Schülerinnen und Schülern zu sehr hohen Lerneffekten und ist daher ein guter Anfang für die Gestaltung von Lernaufgaben. In der beruflichen Bildung findet man z. B. leicht Situationen, die sich aus der beruflichen Praxis der Lernenden ergeben. Verwendet man solche Situationsbeschreibungen in einer Aufgabe, nennt man diese „Kontext“ oder „Aufgabenkontext“. 

Aber nicht jeder Kontext beinhaltet automatisch auch ein Problem.

Wie gestalte ich eine sinnvolle Problemstellung?

Damit es sich bei der Bearbeitung einer Problemstellung auch um ein Problem handelt, dürfen  die Lösung und/oder der Weg zur Lösung für den Lernenden nicht offensichtlich sein. Alle Varianten lassen sich im Aufgabenkontext umsetzen. 

In Schritt 1 der Unterrichtsplanung, der Lernzielanalyse, wurde bereits das genaue Thema der Unterrichtsstunde festgelegt. Um nun einen geeigneten Aufgabenkontext zu finden, kann man sich zunächst fragen, zu welcher Situation in der beruflichen Praxis das Lernziel am besten passt:

Anschließend benötigt man dazu ein passendes Problem. Problemstellungen lassen sich über

  • eine Wissenslücke,
  • einen Widerspruch zu bekanntem Wissen der Lerngruppe
  • oder eine sehr komplexe Situation

erzeugen.

Die Wissenslücke

Wissenslücken meinen nichts anderes, als dass die Lerngruppe sich noch nie mit dem Thema der Stunde auseinandergesetzt hat. Neues ist neu. Zum Beispiel könnte eine Klasse Maschinenbautechniker im Bereich Fertigen die Aufgabe bekommen, ein Werkstück herzustellen, das mit einem ihnen unbekannten Fertigungsverfahren hergestellt wird. Die Lerngruppe würde schnell erkennen, dass das geforderte Werkstück mit dem bereits bekannten Fertigungsverfahren nicht produzierbar ist. Als geschickter Unterrichtsplaner würde man sich also ein Werkstück überlegen, das sehr genaue Anforderungen an den Fertigungsprozess hat.

Der Widerspruch

Um festgefahrene Ansichten zu überwinden, lohnt es sich, die Problemstellung als Widerspruch zum bekannten Wissen zu gestalten. Dabei wählt man eine Situation, in der die Lösung des Problems mit den intuitiven Strategien der Lernenden nicht zu bewältigen ist. Ein ganz praktisches Beispiel: Man schließt an einem dreiphasigen Elektromotor eine Phase nicht oder fehlerhaft an. In Folge dessen würde der Motor ruckeln und springen. Die Lerngruppe würde intuitiv eher auf einen mechanischen Defekt schließen, als auf ein unvollständiges Magnetfeld aufgrund der fehlenden Phase. Das Verhalten des Elektromotors ist ohne fundierte Kenntnisse widersprüchlich zur Erwartung des Betrachters.

Die komplexe Situation

Schließlich kann man mit einer gezielten Überforderung der Lernenden auch eine Problemstellung schaffen. Wird die Problemstellung darüber erzeugt, dass viele verschiedene, aber eigentlich bekannte Lösungswege miteinander kombiniert werden müssen, brauchen die Lernenden neue Problemlösungsstrategien. In einer Lerngruppe für Kfz-Mechatroniker könnte es sein, dass man sich für ein Problem entscheidet, welches viele Folgeprobleme beinhaltet. Der Kundenwunsch, eine Einparkhilfe in einem Fahrzeug nachzurüsten, ist nicht damit abgetan, dass die Sensorik des Fahrerassistenzsystems in Front- und Heckstoßstangen eingebaut wird. Zusätzlich dazu muss die Bordelektronik angepasst, die Sensoren auf korrekte Funktion getestet und rechtliche Normen geprüft werden. Plötzlich muss also ein ganzer Arbeitsplan erstellt und Methoden der Montage, Diagnose und Verwaltungsprozesse in Einklang gebracht werden. 

Schon an diesen wenigen Beispielen sieht man gut, dass eine Problemstellung nicht nur ein einzelner Satz ist. Man braucht auch eine „kleine Geschichte“ drum herum: den Aufgabenkontext. Wie man beim Formulieren des Aufgabenkontextes nichts vergisst und schnell zu einem Ergebnis kommt, wird Thema des nächsten Blogbeitrags.

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